Verborgene Triebe schüren Ehestreitigkeiten

Aus der Serie:  Verborgene soziale Zwänge

„Sie streiten sich nicht? – Glückwunsch, damit gehören Sie weltweit zu den wenigen harmonisch lebenden Paaren – oder Sie flunkern.“ − Und genau hier stehen wir ganz dicht vor der Wurzel unzähliger Beziehungsprobleme. 

Friedensangebot
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„Häng doch gefälligst Deine Hose richtig auf! Jetzt muss ich sie schon wieder bügeln.“ – So oder ähnlich beginnen oft fundamentale Ehestreitigkeiten. Und dies, obwohl Missverständnisse, unterschiedliches Beischlafbedürfnis sowie fehlendes Kräftegleichgewicht (siehe vorigen Beitrag) ausgeschlossen werden können. – Was bitte treibt uns dazu?

Psychologen und sonstige Berater nennen zahlreiche Streitursachen. Sie reichen von Unordentlichkeiten über Geldprobleme bis hin zu Kommunikationsarmut oder Geringschätzung. Tatsächlich jedoch sind dies nur Alibi-Vehikel, die den eigentlichen Streitantrieb verschleiern. 

Denn der eigentliche Antrieb ist Unzufriedenheit. Unzufriedenheit mit dem Partner oder der eigenen scheinbar unterbewerteten Rolle in der Gemeinschaft. Doch woher bitte stammt diese Verdrossenheit, die sich offenbar laufend bläht und emotionalen Druck aufbaut?

Und warum bitte entsteht überhaupt Unzufriedenheit? Verbinden sich doch die meisten Paare heute nach langer eingehender Prüfung erst im reiferen Erwachsenenalter. Sie hätten es eigentlich vorher wissen müssen – oder?

Ein Phänomen, das scheinbar weltweit auftritt. Ausgenommen in jenen Kulturen, die je einen Partner von der Öffentlichkeit absperren, wie bei noch fundamental lebenden Moslems. Je mehr jedoch westliche Lebensstile althergebrachte Lebensweisen aufweichen, desto schneller steigen auch die Scheidungsraten in diesen Regionen. Die Lösung muss also mit Kommunikation und Informationsfreiheit zu tun haben. − Ist das schon die Einsicht? 

Gestaute Unzufriedenheit durch die Lügen anderer

Zur Einsicht fehlen jedoch noch einige allzu menschliche Verhaltensweisen. − Wir alle suchen oft sogar zwanghaft nach Anerkennung im sozialen Umfeld. Denn Anerkennung führt dazu, dass wir uns mehr erlauben können, führt zu mehr von den begehrten sozialen Freiheiten, also zu Macht und Einfluss.

Eingehend untersuchte dies der Psychologe Alexander Jordan von der Stanford University in Kalifornien. Er bestätigte wissenschaftlich, dass Menschen meist bei sozialen Kontakten sowie in sozialen Netzwerken ein geschöntes Bild von eigenen Lebensinhalten vortäuschen. Sein Fazit: Je glücklicher unsere Mitmenschen wirken, desto unglücklicher sind wir. 

Charles-Louis de Montesquieu erkannte diese sozialen Spielchen bereits vor über 200 Jahren mit den Worten:

„Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.“

Negativ ausfallende Vergleiche zwischen eigener Wirklichkeit und getürktem Glücksgetue anderer, erzeugen Minderwertigkeitsgefühle ähnlich kleiner Nadelstiche. Mehrere solcher untereinander ähnlichen Begebenheiten steigern die Unzufriedenheit und bilden einen sogenannten »Gedächtniscluster«. Das bedeutet: eine dieser Erinnerungen ruft auch alle anderen auf. Psychologen nennen diese zusätzlichen Erinnerungen »Assoziationen«. 

Täglich erreichen uns viele kleine Unpässlichkeiten, sodass öfter eine dieser schmachvollen Erinnerungen den ganzen Cluster (Gedächtnisschwarm) aufruft. − Auch wenn nur einige dieser Erinnerungen das Bewusstsein erreichen, die mit ihnen verbundenen Emotionen wirken immer ganzheitlich, sodass schon ein einziger dieser Nadelstiche schnell Wut, Zorn oder Rachegedanken auslösen können. 

Schuld ist »natürlich« der Partner, auf den jetzt der Zorn niederprasselt. So schwellen nichtige Unpässlichkeiten sekundenschnell zu Ausbrüchen mit elementaren Vorwürfen an. Sie stacheln sich gegenseitig auf und entwickeln oft fundamentalen Streit.

Die Lügen anderer, als die eigentlichen Streitmotoren, verblassen nach mehreren Ausbrüchen im Gedächtnis. Damit bewahren sie ihr Geheimnis zugunsten der vielen kleinen Anlässe und deren Streitfolgen. So kann die »Streitkultur« ihr zerstörerisches Werk selbstständig schüren.

Dennoch entspannen wir uns auch gern mit sogenannten Tratschgeschichten, denn sie zeigen oft den Frust der Anderen. Egal ob von Nachbarn, Freunden oder aus den Medien. Und obwohl wir nie den Wahrheitsgehalt dieser »Storys« kennen, mildern sie doch ein wenig den angestauten Missmut über die eigene Wirklichkeit. 

Erkenntnisse

Häufiger fundamentaler Streit führt mit dem Stress zu tiefen emotionalen Gräben zwischen den Partnern. Nicht selten gefolgt von innerem Rückzug aus der Gemeinschaft bis hin zu Ehebruch mit Scheidung. Ein bekanntes Szenario, dass besonders bei emotional sensiblen Partnern schwere traumatische Schäden hinterlassen kann. 

Doch viel stärker leiden Kinder. Statistisch hinterlassen etwa 170.000 jährliche Scheidungen in Deutschland ca. 135.000 sogenannte minderjährige Scheidungswaisen. 

Wieviel Kinder darüber hinaus jährlich aus Elternstreitigkeiten bleibende Schäden davontragen, lässt sich nur schätzen. Vielleicht 400.000 oder mehr? Oft führen solche Schäden zu schlechteren Schulleistungen und meist auch zu sozialem Fehlverhalten. 

Tauziehen in der Ehe

Psychologen, Berater sowie soziale Beratungs-Institutionen konnten bisher wenig helfen. Denn ihre Therapien zielen nur auf die Alibi-Vehikel, hinter denen sich die Unzufriedenheit verbirgt. Doch solange dieser Streitmotor aktiv bleibt, verlagern sich nach einer Therapie lediglich Schwerpunkte auf andere Streitfelder. − Letztlich hilft nur die eigene Einsicht in diese hinterhältige soziale Systematik, denn Vulkane muss man meiden, weil sie sich nicht verschließen lassen.

Bitte denken Sie an die verheerenden Folgen, bevor Sie Ihren eigenen Lebensinhalt schönen. Vielleicht hören Ihre Freunde dann auch mal zu ihrer Genugtuung eine Streitgeschichte. 

Und jeder von Verdrossenheit betroffene ist gut beraten, wenn er die oft herzzerreißenden Gutmenschen-Geschichten der »Freunde« sowie jene in den Medien mit einem wissenden Lächeln gelassen an sich vorbeiziehen lässt. – Besser noch, Sie teilen diese Einsichten mit Ihrem Partner.

Die Erkenntnis, dass viele Ehestreitigkeiten in diesem Lügentrieb wurzeln, entstand aus Einsichten zu ganzheitlichen Gehirnfunktionen. Ergänzt durch gezielte Beobachtungen im sozialen Umfeld.

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