Vulkane aus Erlebnissen, Erfahrungen und Entscheidungen
Aus der Serie: Soziale Reflexionen unserer Gehirne
….. denn Entscheidungen, das sind die Weichen ins Leben. Täglich bestimmen in jedem Gehirn tausende von ihnen darüber, ob wir erfolgreich oder erfolglos, zufrieden oder hadernd, glücklich oder leidvoll das Leben meistern. – So stand es bereits zu lesen.
Doch warum sind diese Entscheidungen so wichtig? Gibt es nicht andere, scheinbar viel relevantere Dinge im Leben wie Sucht, Erfolg, Prüfungen oder gar Liebe?
Gefühlt ja, doch all diese Wichtigkeiten entstehen letztlich aus Entscheidungsketten, die sich aufschaukeln können zu einem dominierenden bewussten oder unbewussten Lebensinhalt. Verantwortlich dafür sind drei physiologisch im Gehirn fest installierte Prozesse:
1. Jede Entscheidung ist emotional.
2. Jede bewusste Entscheidung hinterlässt eine Erinnerung.
3. Erinnerungen speichern die Emotionslage zur Zeit ihrer Geburt.
Entscheidungen prägen nicht nur alle Tore ins Leben, sondern bilden stark vernetzte sowie auch hochgradig emotionale Erinnerungseinheiten. Viel intensiver als Erlebnisse. – Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie Erinnerungen durch Entscheidungen zu lebensbestimmenden Elementen im Gehirn eskalieren können. Dies gilt ebenso für die Übernahme von Eigenschaften der Vorbilder.
Unachtsam tritt Olivia zufällig einem sympathisch wirkenden jungen Mann auf den Fuß. Beide entschuldigen sich anschließend. Auch eine Einladung zum »Drink« nimmt sie an, jedoch gespielt lange zaudernd aber innerlich brennend. Und wenn Olivia dann noch ihre aufmerksam gewordenen Freundinnen im Hintergrund miteinander neidvoll tuscheln sieht, wird sich diese Entscheidung einschließlich der Emotionslage tief in ihr Gedächtnis eingraben.
Ein solcher Entschluss fußt mit Sympathie und Anerkennung aus dem Verhalten ihrer Freundinnen auf zwei sich einander verstärkende Emotionen. Außerdem hat sie gezögert, was die Erinnerung daran noch intensiviert. Auch wenn keine weitere Begegnung stattfindet, wird Olivia bei jedem Anstoß aus ähnlichen Situation oder Personen heraus daran denken müssen. Sich wieder und wieder dazu entschließen, länger diesem Gedanken nachzuhängen. Und jedes Mal steigern sich jene in der Erinnerung gespeicherten Emotionen, während gegenständliche Erinnerungsfraktionen langsam verblassen oder sich wandeln.
· Doch weshalb eigentlich verblassen, während Emotionsinhalte anschwellen? Kennen wir nicht auch die gegensätzliche Entwicklung? Getreu dem Motto »Zeit heilt alle Wunden«? – Fürwahr, hier scheint eine Verständnislücke zu klaffen. Eine Entscheidung ist jedoch weniger vom Inhalt als von dem beschriebenen emotionalen Vorspiel geprägt. Deshalb werden hier Emotionen als stabilere Gedächtnisfraktion länger überdauern. − Siehe 3. Entscheidungen.
Was Olivia bleibt, sind Emotionen die ihre Gefühlswelt zu vielen Gelegenheiten immer mysteriöser verfälschen und damit »irrationale« Entscheidungen herbeiführen können. – Ein untergründig »brodelnder Vulkan«, eine Emotionsblase, ein Sprengsatz der nur durch Aufklärung und Selbsterkenntnis entschärft werden kann.
Diese unterschwelligen Emotionsblasen unterscheiden sich in ihrer Wirkung kaum von jenen Eigenschaften, die von persönlich anerkannten Menschen übernommen werden. Die »Vulkangenese« ähnelt jedoch mehr denen in der Tiefenpsychologie von Sigmund Freud erschlossenen psychischen Störungen.
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